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Raubarbeiten auf Lohberg
Dipl.-Berging. Weicher, Schachtanlage Lohberg

Mit fortschreitender Mechanisierung und steigendem Ausbau in Metall wachsen die Werte der im Grubenfeld eingebauten Materialmengen ständig an. Verglichen mit dem Wert eines Strebausbaues in Holz liegen die Kosten für den eisernen Strebausbau beachtlich höher: Ein Holzstempel von 1,80 m Länge und 18 cm Durchmesser kostet rd. 3 DM; für einen eisernen Stempel derselben Länge sind rd. 80 DM zu zahlen! Die Anschaffungskosten für Rutschen und Doppelkettenförderer verhalten sich etwa wie 1:10; ein eiserner Abbaustreckenbogen ist vier- bis fünfmal so teuer wie ein Türstockausbau entsprechender Größe usw. Diese wenigen Zahlenangaben mögen genügen, um Verständnis für die Forderung nach vollständiger Wiedergewinnung der Betriebsmaterialien zu wecken, ohne dabei auf andere Notwendigkeiten hinzuweisen, die alle auf ein Ausrauben der Strecken, sobald sie aufgegeben sind, hinzielen.
Läuft ein Streb aus, so wird der Strebausbau Baureihe für Baureihe in Holz gesetzt und das freiwerdende Eisen in die Bandstrecke abgefördert. Zieht das Revier um, dann steht der Streb in Holzausbau, so daß nur noch der Förderer auszubauen und abzutransportieren ist. Die letzten Umzüge unserer Reviere 3, 4, 5, 7 und 10 vollzogen sich ohne nennenswerte Verluste. Dem Streb schließt sich das Ausrauben der Abbaustrecken an. Zwei- und dreimal sind z. B. Abbaustreckenbögen bislang wieder eingesetzt worden. Wahrscheinlich lassen sie sich auch noch ein weiteres Mal zurückgewinnen und wiederverwenden. In einem Meter Abbaustrecke sind heute Materialmengen verschiedenster Art in Höhe von 200 bis über 500 DM eingebaut. Hier gewinnt die Raubarbeit ganz besondere Bedeutung. Denn die Einrichtung neuer Reviere erfordert sofort wieder große Materialmengen, die, wenn sie aus Raubbetriebspunkten zurückerhalten werden können, beachtliche Einsparungen bringen, so daß die freiwerdenden Beträge zur Ergänzung des Bestandes und zusätzlicher Bedarfsdeckung zur Verfügung stehen. Auch hier sollen Einzelpreise den Materialwert je Meter Strecke erkennen lassen und damit auch auf die Bedeutung der Raubarbeit hinweisen: ein Meter Gummiband von 800 mm Breite kostet rd. 80 bis 100 DM, eine Bandumkehr 1000 DM, eine Laschenschraube 0,40 bis 0,60 DM, ein Meter 50er-Rohrleitung 8 DM, ein eisernes Verzugstück von 1,20 m Länge bis 2,40 DM, eine Holzspitze (Halbholz/Rundholz von 5 cm Stärke) rd. 0,10 DM! Es gibt im Bergbau Umstände und zwingende Gründe zur Preisgabe von Materialien zur Genüge. Jedoch müssen alle verfügbaren Mittel aufgeboten und alle Möglichkeiten erwogen werden, auch unter schwierigeren Umständen die eingebauten Betriebsmittel und -materialmengen wieder zurückzugewinnen. Abbaustreckenbögen, überhaupt der gesamte eiserne Ausbau, der heute auf Grund der weiterentwickelten Metall- und Eisenhüttentechnik sehr widerstandsfähig hergestellt wird, muß geraubt werden. Streckenbögen, die 20 Jahre und länger stehen, sind noch nicht immer Schrott geworden, wenngleich Grubenfeuchte und -wasser Eisen verhältnismäßig leicht zum Durchrosten bringen können. Abbaustreckenbögen werden auf Lohberg zweimal ohne besondere warme Vor- oder Nachbehandlung wieder eingebaut: in den Pressen auf der 3. und 4. Sohle lassen sich diese Bögen kalt richten (Abbildung 1). Unsere Fördereviere erhalten fast ausnahmslos geraubte Abbaustreckenbögen, von denen heute eine nicht unerhebliche Menge zum drittenmal eingebaut wird. Auch das Gestänge wird mehrmals wieder verwendet. Die übrigen Betriebsmittel werden überholt, entrostet, erhalten Schutzanstriche und werden dem Grubenbetrieb wieder zugeführt. Bandgummi wird in der Vulkanisierwerkstatt in Wehofen ausgebessert und steht für den Einbau wieder zur Verfügung. Nicht immer ließ sich die Feldesführung so einrichten, daß erst dann, wenn zwei Abbaustrecken ausgeraubt sind, die nächsten Strecken aufgegeben werden. Durch die gesamten Zeitenläufe kommt es oft vor, daß gleichzeitig oder in kürzeren Abständen mehrere Reviere „umziehen" und daß dann größere Raubrückstände eintreten und es geraume Zeit dauert, bis der Betrieb mit seinen Raubarbeiten wieder „mit- oder beigekommen ist". So sind heute Raubmaschinen entwickelt worden, die Schichtleistungen von 30 bis 40 m Streckenausraubung ermöglichen. Die Strecken müssen allerdings noch offen und gut zugänglich sein. Das ist der Fall, wenn die Raubarbeit sofort nach Stundung des Reviers einsetzt. Voraussetzung und allein entscheidend für einen guten Rauberfolg ist eben, daß solche Maschinen zunächst zur Verfügung stehen und die Organisation der Raubarbeit auf eine reibungslose Materialabfuhr ausgerichtet wird.

Die praktische Ausführung Raubarbeit erfolgt:
l. durch Rauben von Hand mit Werkzeugen, z. B. mit dem sogenannten Spitzenrauber (Abbildung 2);
II. durch Rauben mit maschinellen Hilfsmitteln, z. B. Haspeln, Seilzügen usw. (Abbildung 3);
III. durch Einsetzen einer Raubmaschine (mechanische Raubarbeit) (Abbildungen 4, 5 u. 6).

Das Rauben mit Spitzenraubern und Zughüben ist recht mühsam und zeitraubend. Selbst stärkere Kettenzüge, die mit Preßluft betrieben werden, bringen nicht den gewünschten Erfolg, da die Leistungen im ersten Fall bei drei bis fünf Bauen je Raubdrittel liegen und im zweiten Falle sich auch nicht über sechs bis acht Baue steigern lassen. Die Aufstellung von Raubhäspeln hat sich schon besser bewährt. Können Seilzüge, wie sie in der Grube z. B. zum Vorziehen von Ladekratzern benutzt werden, zwischengeschaltet werden, ist es durchaus möglich, je Schicht acht bis zwölfBögen mit drei Mann vor Ort (zwei Raubern und einem Haspelfahrer) zu rauben, wobei es in guten Streckenstücken gelingt, mehrere mit 18er-Ketten angeschlagene Baue in einem Raubzug zu gewinnen. Der Einsatz einer Raubmaschine jedoch führt zu den bereits oben angeführten Leistungen: Ausrauben von 30 m Strecke je Schicht. Solche hydraulisch — mit Drucköl — arbeitende Maschinen sind in der Anschaffung teuer, erfordern im Betrieb eine gute Überwachung, lassen sich jedoch einfach bedienen und sind konstruktiv recht robust gebaut. Beim Einsatz und Arbeiten mit Maschinen gilt wie immer auch bei der Raubarbeit der Grundsatz: Sicherung gegen Steinfall! Grundsätzlich geht aber die Entwicklung der Raubmethoden dahin, daß heute bei Benutzung der Raubmaschine der Ausbau in den ausgeraubten Raum gedrückt wird, während alle übrigen Verfahren den Ausbau in den Streckenraum hineinziehen. Die Raubarbeit spielt sich also heute im wesentlichen im unterstützten und noch ausgebauten Streckenteil ab: in sicherheitlicher Hinsicht also ein nicht zu unterschätzender Vorteil! Hub- und Druckzylinder der Raubmaschine bilden mit den drei Stützen ein Kräftepolygon, bei dem es darauf ankommt, daß der Rüssel, der den Bogen in den freien ausgeraubten Raum hineindrückt, in Richtung des Druckzylinders angesetzt wird und in dieser Richtung bis zum Fallen des Baues verbleibt. Bei einem Öldruck von 50 bis 60 kg/cm2 fällt der Bogen. Die Maschine bringt einen Höchstdruck von rd. 250 kg/cm2 bzw. rd. 50 t auf. In einer 1600 m langen Bandstrecke (vier Bänder), die über einen Aufbruch mit dem Querschlag verbunden ist, vollzieht sich die Raubarbeit nach folgendem Organisationsplan:

1 Mann: Bedienung der Raubmaschine
1 Mann: Lösen der Laschenschrauben und Ansetzen des Rüssels (des Druckstempels der Raubmaschiue)
1 Mann: der in Zusammenarbeit mit dem Schrauber den gefallenen Bogen zurückzieht und Verzug, Laschen, Laschenschrauben zurückwirft
2 Mann: für den Rücktransport des geraubten Materials bis zur Bandumkehr (Rücktransport läßt sich auch mit einem kleinen Haspel durchführen)
2 Mann: Beschickung des Förderbandes, Hilfe auch beim Rücktransport
6 Mann: je 2 Mann an den Bandübergängen
3 Mann: am oberen Stapelanschlag
4 Mann: am unteren Stapelanschlag
1 Mann: Schlosser zur Wartung der Bänder und Raubmaschine
1 Mann: als Ortsältester, der die Bänder sowie den Arbeitsablauf beaufsichtigt
4 Mann: nachts zum Kürzen der Bänder und zum Rohrausbau

26 Mann: insgesamt, von denen die an den Übergängen im Zuge der fortschreitenden Raubarbeit freiwerdenden Leute zum Abtransport der Bandantriebe usw., die sich nicht über die ganze Länge auf den Bändern abfordern lassen, eingesetzt werden.
Hierbei wird also eine Raubleistung von 26:30 = rd. 0,9 Schichten je Raubmeter erreicht. Wichtig ist, daß das Material störungslos von Band zu Band vorgezogen, daß es im Querschlag sofort verladen und abgefördert wird. Der Abtransport von Rohren und schweren Maschinenteilen erfolgt überwiegend nachts. Mit Rücksicht auf Transportarbeiten werden im Band höchstens 50 m gekürzt, eine Schlepplänge, über die sich der Abtransport des Raubmaterials leicht bewerkstelligen läßt. Die Raubmaschine bietet so manche Möglichkeit — von denen bei weitem noch nicht alle erschöpft sind — zum Rauben auch unter schwierigeren Verhältnissen. Es ist möglich, auch dann in kürzester Zeit den Bogen zu rauben, wenn er tief in die Bergemauer eingedrungen und mit seiner Unterlage, dem Eisenfuß bzw. der Eisenschale und dem Holzläufer verwachsen ist. Zunächst muß jedoch wieder festgestellt werden, daß da, wo Menschenhand allein nicht mehr recht vorwärts kam, eine Maschine helfend zur Seite gestellt wurde, eine Maschine, die wir noch recht oft einsetzen und so gestalten werden, daß sie allen Anforderungen des Bergmanns gerecht wird.
(Quelle: Der Förderturm, März 1955)

 

Abb 1
Abb 1: Mit dieser Presse werden stählerne Streckenbögen kalt gerichtet

Abb 2
Abb 2: Raubarbeit mit dem Stempelrauber von Hand

Abb 3
Abb 3: Rauben von Abbaustreckenbögen mit Flaschenzug und Raubhaspel

Abb 4
Abb 4: Schematische Darstellung der Korfmannschen Raubmaschine

Abb 5
Abb 5: Die Raubmaschine der Firma Korfmann

Abb 6
Abb 6: Die Raubmaschine im Einsatz in der Bandstrecke 3

 
   

 

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